Familienrecht München, aktuell
Familienrecht, Umgangsrecht
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Arnold & Kollegen Fachanwälte Familienrecht München, Tengstr. 33, Tel. 089 306 694 222
BVerfG: Wille des Kindes im Familienrecht immer zu beachten!
In einer am 20.05.2015 veröffentlichten Entscheidung vom 25.04.2015 setzt sich das Bundesverfassungsgericht (1 BvR 3326/14) nochmal eingehend mit dem Ausnahmetatbestand auseinander, bei dem ein gänzlicher Ausschluss des Umgangsrechtes für eine bestimmte Zeit gerechtfertigt erscheint.
Da aufgrund der Presseveröffentlichungen befürchtet werden muss, dass diese Entscheidung vorschnell als Argument von Eltern, die aus persönlichen Gründen den Umgang mit dem anderen Elternteil nicht mehr wünschen, missbraucht wird, soll die Entscheidung genauer betrachtet werden.
Grundsätzlich haben die Familienrechtssenate der Oberlandesgerichte und des Bundesgerichtshofes sowie das Bundesverfassungsgericht immer wieder darauf hingewiesen, dass das Umgangsrecht eines Elternteils unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG steht. Daraus folgt, dass eine Einschränkung oder der Ausschluss des Umgangsrechtes nur dann in Betracht kommt, wenn nach den „Umständen des Einzelfalls der Schutz des Kindes dies erfordert, um eine Gefährdung seiner seelischen oder körperlichen Entwicklung abzuwehren“. Immer wieder wird in dieser Rechtsprechung betont, dass „das Kind mit der Kundgabe seines Willens von seinem Recht zur Selbstbestimmung Gebrauch macht“. Daher dürfe ein „gegen den ernsthaften Widerstand des Kindes erzwungener Umgang“ durch dass das Kind die Erfahrung der Missachtung seiner eigenen Persönlichkeit macht, „unter Umständen mehr Schaden verursacht, als nutzt“. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn der Wunsch des Kindes auf einer „bewussten oder unbewussten Beeinflussung“ des anderen Elternteils beruht, allerdings nur dann, wenn er „Ausdruck echter und damit schützenswerter Bindungen ist“. Der Wille des Kindes ist dann nicht zu beachten, „wenn die manipulierten Äußerungen des Kindes den wirklichen Bindungsverhältnissen nicht entsprechen“.
Den Tatsachengerichten (Amtsgericht Familiengericht, Oberlandesgericht) gibt in diesem Zusammenhang das Bundesverfassungsgericht auf, immer dann, wenn ein Kind keinen Umgang mit dem nicht sorgeberechtigten Elternteil will, „die Gründe für diese Einstellung zu ermitteln und sie in ihre Entscheidung einzubeziehen“.
Im entschiedenen Fall hatten die Gerichte einen befristeten Umgangsausschluss entschieden und ausgeführt, dass dieser nachvollziehbar sei, dem Willen des Kindes entspricht und der „Unfähigkeit der Mutter, dem Kind ein positiveres Vaterbild zu vermitteln“. Das Kind hatte im Alter von elf Jahren sowohl bei Anhörungen vor dem Amtsgericht, als auch vor dem Oberlandesgericht, ebenso vor der Verfahrensbeiständin und der Sachverständigen, vehement „jegliche Umgangskontakte mit dem Beschwerdeführer abgelehnt“ (Beschwerdeführer ist hier der Vater gewesen).
Die Überlegung der Gerichte, dass die Anordnung von Zwangsmitteln gegenüber der Mutter keine geeigneten Mittel sind, Umgänge zwischen Vater und Kind anzubahnen, hält das Bundesverfassungsgericht für verfassungsrechtlich unbedenklich.
Fazit der Entscheidung ist, dass immer dann, wenn ein Kind über zehn Jahre alt ist, sein Wille beachtet werden muss, dass es aber Aufgabe der Gerichte ist, gegebenenfalls auch durch Sachverständige, erforschen zu lassen, ob das Kind nicht manipuliert wurde und an die Stelle seines eigenen Willens dem Wunsch der Person setzt, bei dem es den tatsächlichen Aufenthalt hat. Nach wie vor wird daher ein gänzlicher und zeitweise beschränkter Umgangsausschluss die absolute Ausnahme darstellen. Normalerweise muss, auch bei streitigen Eltern, Umgang gewährt werden, um eine gesunde Entwicklung des Kindes zu gewährleisten.
Rechtsanwalt Jürgen Arnold,
Fachanwalt für Familienrecht
In andere Richtung geht eine frühere Entscheidung des Bundesverfassungsgericht:
Aufenthaltswechsel nach Scheidung Kontinuität vor Kindeswille
(Bundesverfassungsgericht am 22. September 2014, 1 BvR 2102/14).
Bei einer Scheidung und darauf folgender Entscheidung über das Sorgerecht wird immer auf das Kindeswohl abgestellt. Dabei ist auch der Kindeswille zu berücksichtigen. Bei einem erst sechsjährigen Kind kann der Wunsch, bei einem Elternteil zu leben, dann unberücksichtigt bleiben, wenn die Kontinuität wichtiger ist.
Der Vater wollte einen Auftenhaltswechsel des Kindes in seinen Haushalt. Der Sohn wurde 2008 geboren, die Eltern trennten sich 2011. Sie üben das Sorgerecht gemeinsam aus. Das Kind lebte nach der Trennung zunächst überwiegend beim Vater, mittlerweile jedoch bei der Mutter. In der Nähe der mütterlichen Wohnung besucht der Junge eine Bewegungskindertagesstätte, da er unter einer Entwicklungsverzögerung leidet. Der Sohn erklärte bei Anhörung durch das Gericht, er wolle beim Vater leben. Sowohl das Amtsgericht als auch das Oberlandesgericht beließen das Aufenthaltsbestimmungsrecht bei der Mutter.Rechtsmittel des Vaters waren erfolglos.
Auch beim Bundesverfassungsgericht scheiterte er jetzt. Die Verfassungsbeschwerde gegen die Gerichtsentscheidungen wurde nicht angenommen. Das Oberlandesgericht habe zahlreiche Stellungnahmen des Jugendamtes, des Verfahrensbeistandes und die Erziehungsberichte der Kindertagesstätte in seine Entscheidung einbezogen. Das Gericht habe sich mit den Positionen ausführlich und sorgfältig auseinandergesetzt. Es sei daher für das BVerfG nachvollziehbar, dass es den Kontinuitätserwägungen Vorrang vor dem Kindeswillen eingeräumt habe. Bei Äußerungen eines sechsjährigen Kindes dazu, wo es leben wolle, befinde dieses sich offensichtlich in einem ausgeprägten Loyalitätskonflikt. Letztlich könne der Kindeswille daher nicht überprüft werden.
Rechtsanwalt Jürgen Arnold,
Fachanwalt für Familienrecht
Da aufgrund der Presseveröffentlichungen befürchtet werden muss, dass diese Entscheidung vorschnell als Argument von Eltern, die aus persönlichen Gründen den Umgang mit dem anderen Elternteil nicht mehr wünschen, missbraucht wird, soll die Entscheidung genauer betrachtet werden.
Grundsätzlich haben die Familienrechtssenate der Oberlandesgerichte und des Bundesgerichtshofes sowie das Bundesverfassungsgericht immer wieder darauf hingewiesen, dass das Umgangsrecht eines Elternteils unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG steht. Daraus folgt, dass eine Einschränkung oder der Ausschluss des Umgangsrechtes nur dann in Betracht kommt, wenn nach den „Umständen des Einzelfalls der Schutz des Kindes dies erfordert, um eine Gefährdung seiner seelischen oder körperlichen Entwicklung abzuwehren“. Immer wieder wird in dieser Rechtsprechung betont, dass „das Kind mit der Kundgabe seines Willens von seinem Recht zur Selbstbestimmung Gebrauch macht“. Daher dürfe ein „gegen den ernsthaften Widerstand des Kindes erzwungener Umgang“ durch dass das Kind die Erfahrung der Missachtung seiner eigenen Persönlichkeit macht, „unter Umständen mehr Schaden verursacht, als nutzt“. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn der Wunsch des Kindes auf einer „bewussten oder unbewussten Beeinflussung“ des anderen Elternteils beruht, allerdings nur dann, wenn er „Ausdruck echter und damit schützenswerter Bindungen ist“. Der Wille des Kindes ist dann nicht zu beachten, „wenn die manipulierten Äußerungen des Kindes den wirklichen Bindungsverhältnissen nicht entsprechen“.
Den Tatsachengerichten (Amtsgericht Familiengericht, Oberlandesgericht) gibt in diesem Zusammenhang das Bundesverfassungsgericht auf, immer dann, wenn ein Kind keinen Umgang mit dem nicht sorgeberechtigten Elternteil will, „die Gründe für diese Einstellung zu ermitteln und sie in ihre Entscheidung einzubeziehen“.
Im entschiedenen Fall hatten die Gerichte einen befristeten Umgangsausschluss entschieden und ausgeführt, dass dieser nachvollziehbar sei, dem Willen des Kindes entspricht und der „Unfähigkeit der Mutter, dem Kind ein positiveres Vaterbild zu vermitteln“. Das Kind hatte im Alter von elf Jahren sowohl bei Anhörungen vor dem Amtsgericht, als auch vor dem Oberlandesgericht, ebenso vor der Verfahrensbeiständin und der Sachverständigen, vehement „jegliche Umgangskontakte mit dem Beschwerdeführer abgelehnt“ (Beschwerdeführer ist hier der Vater gewesen).
Die Überlegung der Gerichte, dass die Anordnung von Zwangsmitteln gegenüber der Mutter keine geeigneten Mittel sind, Umgänge zwischen Vater und Kind anzubahnen, hält das Bundesverfassungsgericht für verfassungsrechtlich unbedenklich.
Fazit der Entscheidung ist, dass immer dann, wenn ein Kind über zehn Jahre alt ist, sein Wille beachtet werden muss, dass es aber Aufgabe der Gerichte ist, gegebenenfalls auch durch Sachverständige, erforschen zu lassen, ob das Kind nicht manipuliert wurde und an die Stelle seines eigenen Willens dem Wunsch der Person setzt, bei dem es den tatsächlichen Aufenthalt hat. Nach wie vor wird daher ein gänzlicher und zeitweise beschränkter Umgangsausschluss die absolute Ausnahme darstellen. Normalerweise muss, auch bei streitigen Eltern, Umgang gewährt werden, um eine gesunde Entwicklung des Kindes zu gewährleisten.
Rechtsanwalt Jürgen Arnold,
Fachanwalt für Familienrecht
In andere Richtung geht eine frühere Entscheidung des Bundesverfassungsgericht:
Aufenthaltswechsel nach Scheidung Kontinuität vor Kindeswille
(Bundesverfassungsgericht am 22. September 2014, 1 BvR 2102/14).
Bei einer Scheidung und darauf folgender Entscheidung über das Sorgerecht wird immer auf das Kindeswohl abgestellt. Dabei ist auch der Kindeswille zu berücksichtigen. Bei einem erst sechsjährigen Kind kann der Wunsch, bei einem Elternteil zu leben, dann unberücksichtigt bleiben, wenn die Kontinuität wichtiger ist.
Der Vater wollte einen Auftenhaltswechsel des Kindes in seinen Haushalt. Der Sohn wurde 2008 geboren, die Eltern trennten sich 2011. Sie üben das Sorgerecht gemeinsam aus. Das Kind lebte nach der Trennung zunächst überwiegend beim Vater, mittlerweile jedoch bei der Mutter. In der Nähe der mütterlichen Wohnung besucht der Junge eine Bewegungskindertagesstätte, da er unter einer Entwicklungsverzögerung leidet. Der Sohn erklärte bei Anhörung durch das Gericht, er wolle beim Vater leben. Sowohl das Amtsgericht als auch das Oberlandesgericht beließen das Aufenthaltsbestimmungsrecht bei der Mutter.Rechtsmittel des Vaters waren erfolglos.
Auch beim Bundesverfassungsgericht scheiterte er jetzt. Die Verfassungsbeschwerde gegen die Gerichtsentscheidungen wurde nicht angenommen. Das Oberlandesgericht habe zahlreiche Stellungnahmen des Jugendamtes, des Verfahrensbeistandes und die Erziehungsberichte der Kindertagesstätte in seine Entscheidung einbezogen. Das Gericht habe sich mit den Positionen ausführlich und sorgfältig auseinandergesetzt. Es sei daher für das BVerfG nachvollziehbar, dass es den Kontinuitätserwägungen Vorrang vor dem Kindeswillen eingeräumt habe. Bei Äußerungen eines sechsjährigen Kindes dazu, wo es leben wolle, befinde dieses sich offensichtlich in einem ausgeprägten Loyalitätskonflikt. Letztlich könne der Kindeswille daher nicht überprüft werden.
Rechtsanwalt Jürgen Arnold,
Fachanwalt für Familienrecht
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