Anmeldung









Fachanwalt für Familienrecht München, Jürgen Arnold

















Hier fin­den Sie In­for­ma­ti­onen und aktu­elle Mit­tei­lun­gen zu jur­isti­schen The­men.

Familienrecht München, aktuell

Familienrecht/Unterhaltsrecht

Ab 01.01.20 Änderungen beim Elternunterhalt


Bei Elternunterhalt können die Eltern, wenn sie in Not geraten, diesen persönlich einfordern. Der häufigste Fall ist aber, dass pflegebedürftige Eltern die Kosten vom Sozialhilfeträger vorgestreckt bekommen, dieser sich dafür im Gegenzug den Anspruch auf Elternunterhalt übertragen lässt. Hier wurde jetzt eine Regelung eingeführt, dass die Sozialhilfeträger erst dann auf unterhaltspflichtige Kinder zurückgreifen kann, wenn deren Einkommen brutto 100.000 € jährlich übersteigt. Liegt das Einkommen der Kinder darüber, müssen diese ihr Einkommen offenlegen.

Für die Ansprüche, die Eltern selbst geltend machen gilt nach wie vor die Rechtsprechung des BGH:

Beschluss vom 7. August 2013 - XII ZB 269/12
Beschluss vom 20. März 2019 - XII ZB 365/18

Neue Entscheidungen des Senats für Familienrecht zur Leistungsfähigkeit bei Zahlung von Elternunterhalt veröffentlicht.

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte in beiden Fällen die Frage zu beantworten, ob der Antragsgegner aus seinem Einkommen oder Vermögen Elternunterhalt schuldet. Dabei hatten jeweils nicht die Eltern selbst geklagt, sondern der Sozialhilfeträger.

Die 1926 geborene Mutter des Antragsgegners lebte im 2013 entswchiedenen Fall in einem Altenpflegeheim. Weil sie die Heimkosten nicht vollständig aus ihrer Rente und den Leistungen der Pflegeversicherung aufbringen kann, gewährt der Antragsteller ihr Leistungen der Sozialhilfe. Im vorliegenden Verfahren verlangt der Antragsteller Erstattung der in der Zeit von Juli 2008 bis Februar 2011 geleisteten Beträge. Die Beteiligten streiten allein darüber, ob der Antragsgegner aus seinem Einkommen oder aus seinem Vermögen leistungsfähig ist.

Der Antragsgegner erzielte im Jahr 2008 ein Jahresbruttoeinkommen in Höhe von 27.497,92 €, woraus das Oberlandesgericht ein bereinigtes Nettoeinkommen von monatlich 1.121 € errechnet hat. Er ist Eigentümer einer aus drei Zimmern bestehenden Eigentumswohnung, deren Wohnvorteil das Oberlandesgericht mit 339,02 € ermittelt hat. Außerdem ist der Antragsgegner hälftiger Miteigentümer eines Hauses in Italien, dessen anteiliger Wert vom Antragsteller mit 60.000 € angegeben ist, und verfügt über zwei Lebensversicherungen mit Werten von 27.128,13 € und 5.559,03 € sowie über ein Sparguthaben von 6.412,39 €. Eine weitere Lebensversicherung hatte der Antragsgegner gekündigt und deren Wert zur Rückführung von Verbindlichkeiten verwendet, die auf dem Haus in Italien lasteten.

Das Amtsgericht hat den Antragsgegner verpflichtet, an den Antragsteller rückständigen Unterhalt in Höhe von insgesamt 5.497,78 € zu zahlen. Das Oberlandesgericht hat die auf weiteren Unterhalt gerichtete Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen und - auf die Beschwerde des Antragsgegners - den Antrag vollständig abgewiesen.

Auf die vom Oberlandesgerichtshof zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragstellers hat der Bundesgerichtshof den angefochtenen Beschluss aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Das Oberlandesgericht hat auf der Grundlage der Einkünfte und Nutzungsvorteile des Antragsgegners von insgesamt rund 1.460 € seine Leistungsfähigkeit verneint, weil der für den Elternunterhalt geltende, ihm zu belassende Selbstbehalt von 1.500 € nicht überschritten sei. Diese Ausführungen sind nicht rechtsfehlerfrei, weil schon das Nettoeinkommen nicht fehlerfrei ermittelt wurde. Außerdem betrug der Selbstbehalt im Rahmen des Elternunterhalts für die hier relevante Zeit lediglich 1.400 € und wurde erst später zum 1. Januar 2011 auf 1.500 € und zum 1. Januar 2013 auf 1.600 € erhöht. Allerdings hat das Oberlandesgericht die vom Antragsgegner mit monatlich 67,20 € angegebenen Fahrtkosten für Besuche bei seiner Mutter unberücksichtigt gelassen, obwohl der Bundesgerichtshof entschieden hat, dass diese Kosten abzusetzen sind, weil die Besuche einer unterhaltsrechtlich anzuerkennenden sittlichen Verpflichtung entsprechen. Ob auf dieser Grundlage eine Unterhaltspflicht aus dem Einkommen unter Berücksichtigung des Wohnvorteils des Antragsgegners besteht, wird das Oberlandesgericht erneut prüfen müssen.

Von besonderer Bedeutung sind allerdings die weiteren Ausführungen des Bundesgerichtshofs zum Einsatz des Vermögens im Rahmen des Elternunterhalts. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss das unterhaltspflichtige Kind grundsätzlich auch den Stamm seines Vermögens zur Bestreitung des Unterhalts einsetzen. Einschränkungen ergeben sich aber daraus, dass nach dem Gesetz auch die sonstigen Verpflichtungen des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen sind und er seinen eigenen angemessenen Unterhalt nicht zu gefährden braucht. Dem dient auch die eigene Altersvorsorge, die der Unterhaltsschuldner neben der gesetzlichen Rentenversicherung mit weiteren 5 % von seinem Bruttoeinkommen betreiben darf. Entsprechend bleibt dann auch das so gebildete Altersvorsorgevermögen im Rahmen des Elternunterhalts unangreifbar (BGH FamRZ 2006, 1511). Der Bundesgerichtshof hat jetzt entschieden, dass der Wert einer angemessenen selbst genutzten Immobilie bei der Bemessung des Altersvermögens eines auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen Unterhaltspflichtigen grundsätzlich unberücksichtigt bleibt, weil ihm eine Verwertung nicht zumutbar ist. Übersteigt das sonstige vorhandene Vermögen ein über die Dauer des Berufslebens mit 5 % vom Bruttoeinkommen geschütztes Altersvorsorgevermögen nicht, kommt eine Unterhaltspflicht aus dem Vermögensstamm nicht in Betracht. Weil das Oberlandesgericht allerdings auch das Altersvorsorgevermögen nicht fehlerfrei berechnet hat, wird es dieses und die Bemessung eines zusätzlich zu belassenden Notgroschens erneut zu prüfen haben.
Anmerkung: Inzwischen ist de Selbstbehalt beim Elternunterhalt noch einmal heraufgesetzt worden, auf nun € 1.800.

Im 2019 entschiedenen Fall ging es vorallem um die Frage, ob eine Wohnung, die die Unterhaltspflichtigen ihrer Tochter übertragen und sich ein Wohnrecht daran ausbedungen hatten, zurückzuübertragen sei, damit sie daraus Unterhalt zahlen konnten. Diese Frage hat der BGH verneint, da eine Immobilie, die man selbst bewohnt, nie verwertet werden muss, um Unterhalt leisten zu können.

Der BGH führt an dieser Stelle noch einmal die Berechnungsformel vor, wie der Anteil, der für den Elternunterhalt zur Verfügung steht, zu ermitteln sei:
Familieneinkommen (Einkommen beider Ehegatten) abzüglich Familienselbstbehalt. Später wird der Anteil des Pflichtigen (um den Ehegatten nicht mit seinem Elternunterhalt zu belasten), prozentual ermittelt und dieser Anteil von seinem Einkommen abgezogen.

Genaueres zu Berechnung kann unter Angabe des Aktenzeichens auf der Webseite des BGH nachvollzogen werden.

RA Jürgen Arnold, Fachanwalt für Familienrecht


Weitere Artikel zu diesem Thema:
» Verwirkung von Unterhaltsansprüchen
» Ab 01.01.20 Änderungen beim Elternunterhalt
» Verwirkung von Unterhaltsansprüchen
Arnold & Kollegen Fachanwälte Familienrecht München, Tengstr. 33, Tel. 089 306 694 222